Wohnen in Baden-Württemberg muss altersgerechter werden. Das fordert der Demografie-Beauftragte des Landes nach vierjähriger Arbeit. Ein Kabinettsausschuss solle sich darum kümmern.
Vier Jahre lang hat Thaddäus Kunzmann (CDU) den Demografischen Wandel in Baden-Württemberg untersucht. Sein Fazit lautet: „Der Demografische Wandel gehört neben dem Klimaschutz und der Digitalisierung zu den Megatrends der kommenden Jahrzehnte.“ Die kommende Landesregierung müsse die Weichen für diese Herausforderungen stellen, so Kunzmann. Das dürften keine Placebos sein:
„Der Wandel betrifft nicht alleine Gesundheit und Pflege, sondern unser Zusammenleben und Engagement, das Wohnen im Alter, die Mobilität, die Nahversorgung und Siedlungsentwicklung und als Schlüssel die Digitalisierung.“
Kunzmanns Tätigkeit endet am 30. April, daher hat er jetzt seinen Bericht vorgelegt. Der Demografie-Beauftragte regt an, einen Kabinettsausschuss „Demografischer Wandel“ zu bilden. Dieser solle künftig die einzelnen Handlungsfelder zusammenführen. Das Sozialministerium sieht diese Notwendigkeit allerdings nicht. In einer Kabinettsvorlage heißt es, man befürchte die Gefahr von Doppelstrukturen.
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Zentrales Thema ist Wohnen im Alter
Kunzmann weist darauf hin, dass in Deutschland nur zwei Prozent des gesamten Wohnungsbestandes komplett barrierefrei ausgebaut seien. Es sei unrealistisch, den steigenden Bedarf alleine im Neubau gewinnen zu wollen: „Wir müssen uns viel mehr als bisher den Wohnungsbestand anschauen und Wege entwickeln, diesen altersgerecht umzubauen“, so der CDU-Politiker.
Kompetenzzentrum soll Architekten und Handwerker beraten
Die Einrichtung eines landesweit angesiedelten Kompetenzzentrums ist eine von vier zentralen Handlungsempfehlungen, die ein von Kunzmann ins Leben gerufener Runder Tisch „Wohnen für das Alter“ ausspricht. Das Kompetenzzentrum soll dabei nicht nur Handwerker und Architekten beraten, sondern auch ehrenamtliche Wohnraumberater. Zudem müsse jeder Landkreis eine Wohn-Umbau-Beratung anbieten. Altersgerechter Umbau privater Mietwohnungen müsse gefördert und die Nahversorgung, also erreichbare Läden, gesichert werden.
Mehr Geld für Mehrgenerationenhäuser
Was früher die Großfamilie leistete, funktioniert heute in Mehrgenerationenhäusern. Alt und Jung leben zusammen unter einem Dach und unterstützen sich gegenseitig, zum Beispiel bei Kinderbetreuung und Pflege. Der Demografiebeauftragte Kunzmann sieht darin ein Modell, das stärker gefördert werden sollte.
Weiterer Schwerpunkt: Digitalisierung
Kunzmann verweist in seinem Bericht auch auf die Chancen, die sich durch die Digitalisierung vieler Lebensbereiche ergäben, zum Beispiel bei Smart-Home-Lösungen. Hier müsse ein Schwerpunkt auf die Einbindung Älterer gesetzt werden. Aber, so Kunzmann: „Der Zugang zu digitalen Möglichkeiten darf sich nicht am Bildungsgrad festmachen.“ In der Altersgruppe der 67 bis 72-Jährigen hätten fast alle Akademiker einen Internet-Zugang, bei denjenigen mit niedrigerem Bildungsabschluss nur die Hälfte.
Sozialministerium will Demografie-Beauftragten abschaffen
Das Sozialministerium will den Posten des Demografie-Beauftragten wieder abschaffen. Die Bevölkerungsentwicklung und die Konsequenzen für die Gesellschaft müssten von allen Ministerien bearbeitet werden, argumentiert das Haus von Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) in einer Kabinettsvorlage, wie die Deutsche Presse-Agentur aus der Regierung erfuhr. Kunzmann ist bislang der einzige weisungsungebundene Demografie-Beauftragte in den Bundesländern. Der Posten ist dem Sozialministerium zugeordnet, arbeitet aber ressortübergreifend.