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Rundum hoffnungslos?

„Hoffnung bei Demenz und Parkinson“ – die Ankündigung der jüngsten Folge des SWR-Gesundheitsmagazins „rundum gesund“ zu diesen neurodegenerativen Erkrankungen ließ die Gemeinde der Parkinsonbetroffenen aufhorchen. Gespannt erwarteten wir die Sendung vom Montagabend, dem 4. November um 20:15 Uhr im dritten Programm des SWR.

Den Auftakt bildete ein Beitrag über REM-Schlafstörungen. Diese gelten als frühes Anzeichen und als Symptom der Parkinsonerkrankung. Der Tenor des Beitrags war jedoch nicht gerade Hoffnung erweckend. Das Portrait des betroffenen Ehepaares war eher dazu geeignet, eine Parkinsondiagnose als Katastrophe zu begreifen. Hier hätte ich mir zur Aufmunterung ein paar deutliche Worte gewünscht, dass eine Parkinsondiagnose keinen Weltuntergang bedeutet und dass man heute mit einer Parkinsonerkrankung sehr gut umgehen kann.

Die Frage, warum zu 90 % Männer von REM-Schlafstörungen betroffen sind und nur zu 10 % Frauen, während das Verhältnis bei Parkinson ziemlich ausgeglichen ist, blieb ungeklärt.

Der Experte Professor Jan Kassubek lieferte sodann im Interview Informationen über motorische und nicht-motorische Symptome bei Parkinson. Wir erfuhren unter anderem, dass nur etwa die Hälfte der an Parkinson Erkrankten unter dem Symptom des Zitterns (Tremor) leidet. Als weitere – der breiten Öffentlichkeit im Gegensatz zum Zittern eher unbekannte – belastende Symptome nannte Professor Kassubek Muskelsteifheit (Rigor), Verstopfung (Obstipation), Verlust des Geruchssinns und Depressionen. (Und das ist längst noch nicht alles…)

Der Sinn des Klamauks mit der eingeblendeten Computeranimation einer durchsichtigen vollbusigen Puppe mit zitternder Hand und androgynem Unterleib blieb im Verborgenen. Ebenso unklar blieb mir als Parkinsonbetroffenem, was daran tröstlich sein soll, dass Prominente wie Michael J. Fox oder Frank Elstner von Parkinson betroffen sind. 

Meines Erachtens viel wichtiger gewesen wäre es, auf das fantastische Engagement von Michael J. Fox hinzuweisen, der mit seiner Stiftung nachhaltig zur Forschung und Entwicklung neuer Therapien und Behandlungsmöglichkeiten beiträgt. Was Michael J. Fox in US-Amerika darstellt, könnte ein Frank Elstner möglicherweise in Deutschland sein. Neben dem Austausch in regionalen Parkinson-Selbsthilfegruppen hat die überregionale Öffentlichkeitsarbeit zur Aufklärung der breiten Bevölkerung eine überragende Bedeutung. Sie dient dazu, uns Parkinsonbetroffenen Hoffnung zu machen, dass unsere Bedürfnisse nach neuen und besseren Medikamenten und Erfolg versprechenden Therapien erfüllt werden. Dazu können Prominente einen Beitrag leisten. Soviel zum Stichwort „Hoffnung bei Parkinson“.

Viel Wirbel um das Wunderheilmittel der „Tiefen Hirnstimulation“ (THS), aber nicht die Rede von Erfolgsquote, Risiken und Nebenwirkungen eines solchen neurochirurgischen Eingriffs. Die Sendezeit war schon zur Hälfte rum, da kam endlich die bedeutende Rolle einer vielfältigen und ballaststoffreichen Ernährung zur Sprache. Die Chance, über den aktuellen Stand der Forschung zur Rolle des Darmmikrobioms (früher auch als Darmflora bekannt) zu berichten, nahm die Sendung leider nicht wahr.

Schließlich stieß die Sendung dann doch noch auf einen Kernpunkt der Bedürfnisse von Parkinsonbetroffenen: Kompetente logopädische Behandlung, um Sprech- und Schluckstörungen zu mindern. Logopädin Michaela Grau, Expertin für Dysphagie (Schluckstörungen) streifte dankenswerterweise auch die benachbarten Disziplinen der Physio- und Ergotherapie, doch leider war die Sendezeit dann um.

Der Zuschauer wartete vergeblich auf eine Darstellung der nach aktuellem Stand der Forschung zentralen Bedeutung der nicht-medikamentösen Therapien und der erfolgreichen Wirkung von ausdauernder Bewegung und Koordinationsübung bei sportlichem Training, (Tango-)Tanzen, Yoga, Tai-Chi, Karate und vielem anderem mehr. Unter dem Titel „Hoffnung bei Demenz und Parkinson“ hatte ich diesbezüglich mehr erwartet.

Wer im Anschluss an die Sendung auf Empfang blieb, hatte das große Glück, die herausragende Sendung der Ernährungs-Docs zu verfolgen, die auf sehr eindrückliche Weise die hohe Bedeutung und den durchschlagenden Heilungserfolg einer gesunden Ernährung darstellte.

6.11.2019, Andreas Schairer <info(at)parki-stgt.de>

Die Videoaufzeichnung aus der SWR-Mediathek finden Sie hier: https://www.ardmediathek.de/swr/player/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNjY1Njg/hoffnung-bei-demenz-und-parkinson