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Hirnstimulation – die nächste Generation

Mit klassischen THS-Systemen ist es möglich, ein Hirnareal in individuell einstellbarer Frequenz und Stomstärke elektrisch zu stimulieren. Die Impulsgabe selbst erfolgt, einmal feinjustiert, in einem regelmäßigen Rhythmus. Die neue Generation der Hirnschrittmacher gibt die Stromschläge dosierter ab – und zwar nur, wenn sie im Zielgewebe auch gebraucht werden. Möglich wird die an den Bedarf angepasste Stromzufuhr dadurch, dass das THS-Gerät um einen Sensor erweitert wird. Dieser misst die Nervenzellaktivität in mehreren Gewebearealen und liefert die Daten, die als Grundlage zum Berechnen der benötigten Impulsstärke und -frequenz dienen. Das Closed-Loop-Implantat verarbeitet diese Information mit Hilfe ausgefeilter mathematischer Modellierungen und Algorithmen in Echtzeit. Innerhalb von Sekundenbruchteilen liefert das System so die momentan nötigen Mengen an Strom in die verschiedenen Hirnbereiche.

Erste wissenschaftliche Tests der neuen Systeme an Parkinsonpatienten lieferten bereits positive Resultate. So fand 2017 ein Team um Helen M. Brontë-Stewart von der Stanford University heraus, dass die neuen Implantate bei getesteten Parkinsonpatienten das für die Erkrankung typische Zittern stärker unterdrückten als eine herkömmliche THS. Anfang 2018 erprobten Forscher um Alberto Priori von der Universität Mailand die Closed-Loop-Implantate an 13 Probanden. Wie bei einer Parkinson-THS zumeist üblich, stimulierten die Elektroden den subthalamischen Kern im Gehirn der Patienten. Die neue Technik wirkte; zudem war sie verträglicher und nebenwirkungsärmer als eine klassische THS. Letzteres bestätigte eine weitere Studie der University of Oxford. »Vor allem Sprachschwierigkeiten oder Muskelkrämpfe treten seltener auf oder sind schwächer ausgeprägt«, berichtet der leitende Forscher dieser Studie, Anders Christian Meidahl.

Deep brain stimulation electrode configurations. (A) Conventional quadripolar electrode producing a spherical electrical field that may spread outside the target area, causing side effects. (B) Multipolar 32 contact electrode that allows directional steering of the field, reducing the potential for stimulation side effects. (C)Eight contact electrode with multiple independent current control (MICC), enabling the allocation of completely different stimulation parameters independently to each electrode contact.

Zudem tüfteln einige Forscher unterdessen am Aufbau und der Leistungsfähigkeit der Elektroden: Die neue Generation erlaubt nach dem Einsetzen eine exaktere Ausrichtung des elektrischen Felds und damit eine nebenwirkungsärmere Stimulation. Moderne nichtinvasive Bildgebungsverfahren wie fMRT bieten die Chance, die lokalen Effekte der THS zu analysieren und besser zu verstehen.

Den vollständigen Artikel von Christian Jung, der sich als Parkinsonbetroffener bereits selbst einer THS OP unterzogen hat, lesen Sie in Spektrum der Wissenschaft „Gehirn und Geist“, Ausgabe vom März 2019.